Wir wissen, dass Nachhaltigkeit und Technik kein Widerspruch ist. Natürlich unter der Voraussetzung, dass damit z. B. der CO2-Ausstoss reduziert oder Ressourcen eingespart werden. Es gibt kaum eine Sparte, in der der Einsatz von intelligenten, technischen Systemen nicht zu mehr Umweltschutz beitragen könnte. Gerade, wenn es um neue Technologien für mehr Ökologie geht, sind auch die Bildungsinstitute gefordert, denn sie bilden den Nachwuchs aus. Wir befragten zwei renommierte Schulen, wie sie diese Herausforderungen angehen.
Aktuelle Technik: Es ist ein Fakt: Unternehmen werden zunehmend Probleme auf dem Markt haben, die in fünf Jahren nicht den Nachweis erbringen, dass sie in Bezug auf Nachhaltigkeit einen grossen Teil der vorgegebenen Ziele bei der Reduktion von Ressourcen und von CO2 nicht erreicht haben. Die Bildungsinstitute sind gefordert, Themen rund um den Umweltschutz noch intensiver in die Lehrpläne mit einzubeziehen. Wie geht Ihre Organisation mit diesen Herausforderungen um?
Erich Meier, Bildungsgangleiter Energie und Umwelt HF an der ABB Technikerschule: Mit der Energiestrategie 2050 wurden wegweisende Grundsatzentscheide gefällt. Im Rahmen von Workshops mit den OdA’s und den Höheren Fachschulen wurden diese Thematiken besprochen und Kompetenzfelder für den zukünftigen «dipl. Energie- und Umwelttechniker/-in HF» abgeleitet. Die Kernthemen dabei sind die regenaritiven Energiesysteme, die Kreislaufwirtschaft und Cleaner Production. Im neuen Rahmenlehrplan Technik 2022 sind diese entsprechend definiert.
Dr. Thomas Laux, Lehrgangsverantwortlicher/Dozent an der sfb: Für uns sind diese Herausforderungen nicht neu, da wir aufgrund unserer persönlichen Überzeugung schon vor etlichen Jahren mit der Integration wichtiger Umweltschutzthemen in unsere Aus- und Weiterbildungen begonnen haben.
Wurden bei Ihrem Institut bereits zu einem früheren Zeitpunkt neue Ausbildungen zum Thema Umweltschutz und Nachhaltigkeit ins Leben gerufen? Wird es in Zukunft deshalb neue bzw. veränderte Berufsbilder geben?
E. Meier: Der Bedarf an gut ausgebildeten Spezialisten im Umweltbereich zeichnete sich schon länger ab und wir bieten seit dem Jahr 2015 den Bildungsgang «Energie und Umwelt HF» an. In diesem dreijährigen berufsbegleitenden Studium werden Fachkräfte ausgebildet, die in Unternehmen die Verantwortung für eine energieeffiziente und umweltgerechte Leistungserbringung übernehmen – sie zeichnen sich durch ihre Kompetenzen im anwendungsorientierten Engineering und bei der praktischen Umsetzung von Projekten aus. Sie werden dazu ausgebildet, in der Industrie und Wirtschaft Schlüsselpositionen mit dem Fokus Energieeffizienz, nachhaltige Verfahren und Berücksichtigung der Umweltaspekte bei der Leistungserbringung zu besetzen.
Dr. Th. Laux: Wie schon gesagt, haben wir die Notwendigkeit schon vor über zehn Jahren erkannt und zeitnah damit begonnen, den/die «Techniker/-in HF Energie und Umwelt» sowie auch das «Nachdiplomstudium HF Gebäudeinformatik» zu entwickeln und erfolgreich anzubieten.
Speziell die stark wachsende Nachfrage beim Thema «Gebäudeinformatik» – also wie man Gebäude und Areale energieeffizient mit hohem Eigenversorgungsgrad designt und umsetzt – zeigt uns, dass hier neue Berufsbilder mit grossem Tempo auf dem Markt entstehen, die – nach Aussage unserer engen Kontakte zur Gebäudeindustrie – heute kaum besetzt werden können.
Folglich ist ein spürbares Vakuum an diesen breitbandig ausgebildeten Fachleuten auf dem Markt zu spüren, was uns dazu veranlasst hat, vor zwei Jahren unser Ausbildungsportfolio um den/die «Techniker/-in HF Gebäudetechnik mit Schwerpunkt Gebäudeinformatik» zu ergänzen.
Wie werden die Themen rund um die Problematik Nachhaltigkeit angegangen? In welchen Bereichen setzen die Lehrpersonen Schwerpunkte und Prioritäten?
E. Meier: Auf dem Arbeitsmarkt sind Fachleute gefragt, welche die technischen Kenntnisse und praktischen Erfahrungen mitbringen, um die Verantwortung für eine energieeffiziente und umweltgerechte Leistungserbringung zu übernehmen. Die Schwerpunkte im Studium dazu werden bei der unternehmerischen Realisierung eines Nachhaltigkeitsmanagements und bei der nachhaltigen Produkteentwicklung gesetzt.
Dr. Th. Laux: Unsere langjährige Erfahrung in nachhaltigen Themen hilft uns, die Herausforderungen der Energiestrategie 2050 gut zu verstehen. Wir wissen, dass sowohl Lehrpersonen als auch Lehrgangsverantwortliche breitbandiges praxisorientiertes Fachwissen mitbringen müssen, das sie nur über eine Tätigkeit in der Industrie «à jour» halten können. Als Vertreter der Gebäudeindustrie kennen sie die Marktanforderungen an Aus- und Weiterbildungen und lassen diese in die Lehrinhalte selbstständig einfliessen.
Erhalten Sie Ideen und Anregungen auch von den Studierenden und aus den Unternehmen?
E. Meier: An unserer Bildungsinstitution bilden sich Studierende aus 330 verschiedenen Unternehmen weiter. Speziell bei den Semesterarbeiten fliessen ihre vielfältigen Erfahrungen und Anregungen in die Projekte ein. Diese Ideen werden in den Klassen präsentiert und mittels öffentlicher Plakatausstellungen einem grösseren Publikum zugänglich gemacht. Wertvolle Inputs bringen auch unsere Dozierenden in den Unterricht ein, welche mehrheitlich im Teilzeitverhältnis an der ABB Technikerschule unterrichten und den Wissens- und Praxistransfer in ihrem Fachgebiet sicherstellen.
Dr. Th. Laux: Gebäudeindustrie unterhalten, um damit stets den vom Markt geforderten Inhalt in unseren Aus- und Weiterbildungen zu garantieren.
Im Gegenzug dazu vermitteln uns diese die «richtigen» Lehrpersonen aus ihren Reihen und natürlich auch ihre Mitarbeiter/-innen als Studierende. Eine für alle Seiten zufriedenstellende Symbiose, wie ich meine.
Die Umfrage wurde verfasst von Andreas Leu und ist erschienen am 13.12.2021 in der at Aktuelle Technik 12/2021 . Die Umfrage aus der at Aktuelle Technik kann hier heruntergeladen werden.